Im Totholz steckt Leben

Vielen Gartenfans juckt es zwischen Herbst und Frühling in den Fingern, den Garten ordentlich aufzuräumen. Die Ordnungsliebe vernichtet allerdings Nahrung und Lebensgrundlage für viele Tiere. Kürzlich herrschte große Betroffenheit, weil der Braunbrustigel auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten als „potenziell gefährdet“ eingestuft wurde. Monotonie in unseren Gärten entzieht nicht nur dem Igel die Lebensgrundlage. Laubblätter, abgeschnittene Zweige, Pflanzenstengel, Samenstände, trockene Gräser sind Refugien für viele Tierarten und sollten möglichst über die Wintermonate im Garten belassen werden. Als eine vieler nützlicher „Unordentlichkeiten“ gilt auch das Totholz. Entgegen der irreführenden Bezeichnung herrscht dort reges Leben. Es dient über 4.500 Tierarten als Nahrungsquelle, Brutstätte, Behausung, Unterschlupf und Überwinterungsquartier. Etwa 1.400 heimische Käferarten sind auf Totholz angewiesen. Verschiedene Käferarten und deren Larven zählen übrigens zur Hauptnahrung von Igeln. Hier schließt sich der Kreis. Es liegt an uns zu verstehen, dass die „Unordnung“ lebenswichtig für zahlreiche Arten ist. Wie z.B. im vermeintlich toten Holz, das auch dem Igel eine Perspektive auf eine Zukunft bieten kann. Mit unserer Entscheidung für einen Naturgarten helfen wir dem Igel und vielen anderen Tieren, die hier Rückzugsorte und Futter finden.

Tipp: Naturgartenelemente finden in jedem Garten Platz. Je nach Möglichkeit und Geschmack können diese bewusst in die Gestaltung eingebettet und so als ökologisch wertvoller (Klein-)Lebensraum wirksam werden.

Totholz für jeden Garten
Alte Bäume oder abgestorbene Gehölzteile in Hecken zählen zum stehenden Totholz. Aus Sicherheitsgründen ist die Kürzung von abgestorbenen Ästen bei Bäumen oft notwendig. Der Holzkörper eines absterbenden Baumes kann aber in vielen Fällen ganz oder als menschenhoher Stumpf belassen werden. Solche Totholzelemente können schöne, natürliche Skulpturen sein. Die Larven verschiedener Käferarten oder von Holzwespen entwickeln sich dort und hinterlassen hohle Gänge. An besonnten Stellen nutzen Wildbienen diese Gänge zum Nisten. Buntspechte finden reichlich
Nahrung und können dort auch ihre Bruthöhlen zimmern. Sind sie wieder ausgezogen, dienen die Baumhöhlen Kohl- oder Blaumeisen und Kleibern, Fledermäusen, Käuzen oder Eichhörnchen als gemütliches Zuhause. Ein solcher Baumstumpf kann auch mit Kletterpflanzen, wie Efeu, Clematis oder einer Kletterrose begrünt werden. Frei brütende Vogelarten wie die Amsel fressen die Beeren und Hagebutten und bauen ihre Nester im Schutz der Blätter. Schmetterlinge, wie das Tagpfauenauge oder der Admiral, lieben den Nektar der Efeublüten. Mit dem voranschreitenden Abbau des Holzes entsteht „Mulm“, der z.B. als Kinderstube für den Hirschkäfer dient.

Liegendes Totholz befindet sich am oder nahe dem Erdboden und dient so wiederum anderen Arten als wichtige Lebensgrundlage. Abgestorbene oder abgesägte Äste, Zweige und Strauchschnitt können hierfür in einer ruhigen Ecke z.B. unter der Hecke zu einem Haufen aufgeschichtet werden. Dort finden Zaunkönig, Eidechsen, Blindschleichen, Amphibien wie die Erdkröte oder Laufkäfer Nahrung und Unterschlupf. Auch für den Igel gibt es reichlich Insekten und deren Larven zum
Fressen. Geordneter kann dieses Element auch als sogenannte Benjeshecke angelegt werden. Hierbei wird Astwerk zwischen Pfosten geschichtet, was zusätzlich als natürlicher Sichtschutz dient. Interessante Einzelstücke an Totholz sind im Beet ein schöner Blickfang. Liegende, gerade Stämme eignen sich zudem hervorragend als Einfassung für Beete.

Je nach Stadium und Standort ist Totholz also für ganz unterschiedliche Arten wichtig. Ökologisches Gärtnern und die Gestaltung von Grünraum im Sinne der Natur sind gute Vorsätze für das neue Jahr. Machen Sie mit, denn jeder Quadratmeter zählt.

 

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